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Reformüberlegungen zum Recht der GbR

Autor: 

Erik Röder

Die Frage, ob die GbR rechtsfähig ist, war jahrzehntelang Gegenstand einer intensiven wissenschaftlichen Debatte. Seit einer Grundsatzentscheidung des BGH aus dem Jahr 2001 ist der Streit entschieden, die GbR als Rechtssubjekt anerkannt. Erik Röder argumentiert in einem aktuell im AcP erschienenen wissenschaftlichen Beitrag, dass seither umso deutlicher zu Tage trete, dass ein einheitlicher rechtlicher Rahmen den verschiedenen Erscheinungsformen der GbR nicht gerecht werden kann. Röder schlägt daher vor, den gesetzlichen Einheitstypus der GbR in eine rechtsfähige und eine nicht rechtsfähige Variante auszudifferenzieren.

Die Rechtsform der GbR ist im Alltag weit verbreitet und ihre Erscheinungsformen sind äußerst vielfältig. Ihr Anwendungsbereich reicht von spontanen, nach außen unsichtbaren Gelegenheitsgesellschaften bis zu offen im Rechtsverkehr unter einem eigenen Namen auftretenden Dauergesellschaften mit vergemeinschaftetem Gesellschaftsvermögen. In die Kategorie der Gelegenheitsgesellschaft, bei der den Beteiligten die Existenz einer GbR oft gar nicht bewusst ist, können beispielsweise der gemeinsame Erwerb eines Lotterieloses, eine Mitfahrgelegenheit unter Kostenbeteiligung oder die Sammelbestellung von Heizöl durch mehrere Nachbarn fallen. Beispiele für dauerhaft und offen am Rechtsverkehr teilnehmende Gesellschaften in der Rechtsform der GbR sind kleinere Anwaltskanzleien, Arztpraxen, kleingewerbliche Unternehmen sowie Gesellschaften zum Halten und Verwalten privaten Vermögens, etwa von Immobilien.

Jahrzehntelang war umstritten, ob zumindest im Rechtsverkehr offen in Erscheinung tretende GbRs rechtsfähig sind. Da der Gesetzgeber nicht eingriff, blieb es der Rechtsprechung überlassen, ihre Konsequenzen aus der wissenschaftlichen Debatte um dieses Thema zu ziehen. 2001 hat der BGH in einer Grundsatzentscheidung die (Außen-)GbR als Rechtssubjekt anerkannt. Das bedeutet unter anderem, dass eine GbR selbst Verträge schließen und Eigentum erwerben kann. Bei fehlender Rechtsfähigkeit könnten hingegen nur die Gesellschafter selbst im Rechtsverkehr auftreten. Vertragspartner bzw. Eigentümer wären dann die Gesellschafter – und nicht die Gesellschaft.

In seinem im Heft 3/4 2015 des „Archiv für die civilistische Praxis“ (AcP) erschienenen Beitrag „Reformüberlegungen zum Recht der GbR“ argumentiert Erik Röder, wissenschaftlicher Referent am MPI für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen, dass mit der Anerkennung der GbR als rechtsfähig zwar ein alter wissenschaftlicher Streit beigelegt, aber kein befriedigender rechtlicher Rahmen für die GbR geschaffen worden sei. Vielmehr trete seither die strukturelle Überforderung des gesetzlichen Einheitsmodells der GbR umso deutlicher zu Tage. Die Rechtsform der GbR muss sowohl spontanen, informellen Gelegenheitsgesellschaften als auch eigenständig am Rechtsverkehr teilnehmenden Dauergesellschaften gerecht werden. Die verschiedenen Erscheinungsformen der GbR erforderten Flexibilität, Vermögensbindung, Rechtsfähigkeit und Publizität. Diese Anforderungen könnten nicht innerhalb eines einheitlichen rechtlichen Rahmens in zufriedenstellender Weise erfüllt werden.

Röder schlägt daher vor, das Einheitsmodell der GbR im Zuge einer Gesetzesreform in eine rechtsfähige Variante und in eine nicht rechtsfähige, rein schuldrechtliche Variante auszudifferenzieren. Die rechtsfähige GbR soll in ein neu zu schaffendes öffentliches Register, ein GbR-Register eingetragen werden. So würde eine große Schwäche der gegenwärtigen Rechtslage überwunden. Denn mit der Anerkennung der GbR als rechtsfähig hat der BGH ein vollkommen intransparentes Rechtssubjekt geschaffen. Die nicht rechtsfähige Variante der GbR soll hingegen laut dem Vorschlag Röders als ein reines Schuldverhältnis zwischen den Gesellschaftern ausgestaltet werden. Das bislang im Gesetz verankerte Prinzip der gesamthänderischen Vermögensbindung müsste dazu ersatzlos gestrichen werden. Dieses Prinzip besagt unter anderem, dass ein Gesellschafter nicht einzeln über seinen Anteil an zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenständen verfügen kann. Laut Röder hat der jahrzehntelange Streit um die Rechtsfähigkeit der GbR gezeigt, dass eine derartige Bindung des Gesellschaftsvermögens ohne Rechtsfähigkeit eine Fehlkonstruktion sei. Sofern die Gesellschafter eine Bindung des dem gesellschaftszweck gewidmeten Vermögens wünschen, steht ihnen hierfür in Röders Modell die eingetragene GbR zur Verfügung.  

Veröffentlichung:   Archiv für die civilistische Praxis (AcP), Band 215, Heft 3/4, S. 450-532 (83).