Als Vorsitzender der Expertenkommission „Vereinfachte Unternehmensteuer“ überreichte Institutsdirektor Wolfgang Schön am 12. Juli den Bericht und die Empfehlungen der Kommission an Bundesfinanzminister Christian Lindner.
(v.l.n.r.) Katja Hessel, Christian Lindner, Rudolf Mellinghoff und Wolfgang Schön. (Foto: Bundesministerium der Finanzen/photothek)
Die im Juli 2023 vom Bundesministerium der Finanzen eingesetzte Expertenkommission hat nach neunmonatiger Arbeit unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schön ihren Abschlussbericht vorgelegt. Unter dem Titel „Besteuerung der Unternehmen: Einfacher und Effizienter“ werden in ihm auf mehr als 200 Seiten umfangreiche und detaillierte Vorschläge zur Verbesserung der Besteuerung von Unternehmen formuliert. Erarbeitet wurden die Vorschläge von 13 Expertinnen und Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft, unter ihnen Guido Förster, Joachim Hennrichs, Johanna Hey und Deborah Schanz. Die Bandbreite der Maßnahmen reicht von der Einkommensteuer über die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuer bis ins Umwandlungssteuerrecht und internationale Steuerrecht. Dazu treten Änderungsvorschläge zum Verfahrensrecht und zur Verfahrenspraxis.
Eine Strukturreform des geltenden Unternehmenssteuerrechts
Ausgehend vom geltenden Recht, das in den Augen der Kommission Unternehmer, Unternehmerinnen und Unternehmen daran hindert, ihr betriebswirtschaftliches Potential voll zu entfalten, wurde eine Fülle von Regelungsvorschlägen identifiziert, die Unternehmen und Finanzverwaltung das Leben leichter machen können. Dabei geht es nicht nur um den Abbau von Bürokratielasten, sondern in erster Linie um die Ablösung von Vorschriften, die unternehmerisches Handeln behindern und riskante, innovative Unternehmensstrategien benachteiligen.
Die Expertenkommission kritisiert hier eine Steuerpolitik, die auf deutscher und europäischer Ebene steuerpflichtige Unternehmen unter permanenten Missbrauchsverdacht stellt. Sie fordert namentlich auf dem Gebiet der internationalen Besteuerung einen Abbau überschießender und damit überflüssiger Steuerregeln und ein schlankes, das flexible Unternehmenssteuerrecht flankierendes Verfahrensrecht.
Die Gestaltung des Steuertarifs im Einkommensteuerrecht und im Körperschaftsteuerrecht steht nicht im Vordergrund der Empfehlungen. Die Expertenkommission stellt jedoch fest, dass im internationalen Vergleich eine Entwicklung der Steuerbelastung unternehmerischer Gewinne in Richtung auf 25 % wettbewerbsfähig erscheint.
Die Reformforderungen im Überblick
Die Vielzahl der Reformforderungen der Expertenkommission erstreckt sich über vier Bereiche: (1) die laufende Unternehmensbesteuerung, (2) Umwandlungen und Sanierungen, (3) Internationale Unternehmensbesteuerung und (4) Digitalisierung, Prozesse und Betriebsprüfung.
Im Zusammenhang mit der laufenden Besteuerung von Unternehmen (1) lautet ein Vorschlag der Kommission, sowohl für Personengesellschaften als auch für Kapitalgesellschaften die freie Wahl zwischen der Körperschaftsteuerpflicht der Gesellschaft oder der Zurechnung des Unternehmensgewinns an die Gesellschafter zu ermöglichen. Bei Umwandlungen und Sanierungen (2) sollten beispielsweise die Umstrukturierungen von Unternehmen in weit größerem Umfang als bisher steuerneutral möglich sein. Im Bereich der internationalen Unternehmensbesteuerung (3) fordert die Kommission eine Konzentration auf seine Leitaufgabe: Doppelbesteuerungen und andere Mehrbelastungen grenzüberschreitender Tätigkeiten zu vermeiden. Zu den Reformforderungen der Kommission im Bereich Digitalisierung, Prozesse und Betriebsprüfung (4) zählen, dass das Steuerverfahrensrecht im Interesse von Steuerpflichtigen und Verwaltung einem risikoorientierten Ansatz („Ampelsystem“) folgen soll. Freistellungs- und Erstattungsverfahren sowie Antragsprozesse aller Art sollen entbürokratisiert werden. Ein Vorschlag der Expertenkommission, der mit Sicherheit auf eine breite Zustimmung stoßen wird, ist das „Once-Only“-Verfahren, in denen jede Information nur einmal an staatliche Instanzen übermittelt werden muss, um bei allen zuständigen Stellen verfügbar zu sein.
Politische Umsetzung der praxisnahen Empfehlungen
Die Expertenkommission hat in ihrer Arbeit großen Wert daraufgelegt, für alle untersuchten Themen möglichst konkrete Regelungsinhalte zu definieren. Eine besondere Leistung des Berichts besteht so darin, dass es zur tatsächlichen gesetzgeberischen Umsetzung fast aller Empfehlungen nur noch ein kleiner Schritt ist. Ihn zu gehen, steht in der Verantwortung der gesetzgebenden Instanzen in Bund und Ländern. Die Kommission wünscht der Politik den Mut, sich der Aufgabe einer grundlegenden Reform des Unternehmenssteuerrechts zu stellen.
Der Bericht auf der Website des BMF: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Broschueren_Bestellservice/bericht-kommission-vereinfachte-unternehmensteuer.html.
Juli 2024