Zwischen China und den USA ist ein globaler wirtschaftlicher Vormachtkampf entbrannt. Vor diesem Hintergrund analysiert Kai A. Konrad Chinas mögliche Motive und erwarteten Wirkungen aus den großen internationalen öffentlichen Investitionen des chinesischen Staates, und identifiziert vier Faktoren, die mitentscheiden, ob ein Land die Rolle des führenden Investors, Innovators und Exporteurs übernehmen wird.
China: wenn großangelegte öffentliche Infrastrukturinvestitionen im Ausland das nationale Wohlstandsniveau erhöhen. (Bild: iStock/KI generated)
Beim G20-Treffen in Rio de Janeiro hat Chinas Präsident Xi Jinping seine Rolle als Fürsprecher des Globalen Südens untermauert und eine Initiative angekündigt, die den Ländern des Globalen Südens Zugang zu wissenschaftlichen und technologischen Innovationen verschaffen soll. Auch andere Initiativen Chinas wie die Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP), Investitionen in die Infrastruktur wie die BRI und die Gründung der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) haben ohne Frage geopolitische Auswirkungen. Weniger klar ist jedoch, ob Chinas Megaprojekte ihren Ursprung in geopolitischen Ambitionen haben und welche Auswirkungen sie auf das nationale Wohlstandsniveau nehmen.
Diesen Fragen geht Kai A. Konrad in seinem Artikel China’s public international investment: A stretegic-trade-policy perspective nach. Die Investitionsprojekte des chinesischen Staates wie die BRI, die AIIB oder das RCEP lassen sich nach Konrad in drei Kategorien einordnen: jene, die sowohl dem eigenen Land als auch dem Rivalen schaden (wie Wirtschaftssanktionen). Jene, die beiden Ländern Vorteile bringen können (wie die Aufhebung von Handelsbeschränkungen), und jene, die den eigenen Wohlstand fördern und gleichzeitig dem Rivalen schaden. Die meisten der wirtschaftspolitischen Initiativen fallen in diese dritte Kategorie: Sie fördern den nationalen Wohlstand und die eigene wirtschaftliche Stärke relativ zum Rivalen. Es ist davon auszugehen, dass der nationale Wohlstand als auch geopolitische Ziele sowie beides zusammen diese Aktivitäten motivieren.
Konrads formale Analyse des internationalen Handels veranschaulicht, weshalb wahrscheinlich nur eine der beiden großen Nationen – China oder die USA – als dominierende Kraft im Wettbewerb hervortreten wird. Diese Nation investiert massiv, entwickelt neue Produkte und exportiert sie weltweit, was zu einem höheren Pro-Kopf-Einkommen und erheblichen wirtschaftlichen Unterschieden zwischen den beiden Ländern führt. Doch welches Land übernimmt im geopolitischen Kräftemessen die führende Rolle als dominierender Investor, Innovator und Exporteur?
Konrad identifiziert vier Faktoren, die zu messbaren Vorteilen für die Wettbewerber führen: (1) Eine nationale Industriepolitik, die die Schaffung von „nationalen Champions“ begünstigt, (2) staatliche Ziele, die die den Gewinnen der heimischen Unternehmen besonders starkes Gewicht geben, (3) eine Ausgangssituation in der ein Land im Vergleich zum Konkurrenzland über einen vergleichsweise großen, bereits bestehenden Exportsektor verfügt und (4) niedrige Opportunitätskosten für handelskostensenkende Investitionen. Konrad verweist auf Fakten, die dafürsprechen, dass China in allen Punkten im Vorteil ist.
Konrads Studie zeigt die enge Verflechtung von geopolitischen Erwägungen und nationalen Wohlstandszielen. Die identifizierten Wettbewerbsparameter bieten eine rationale Erklärung dafür, dass China im Vergleich so große Anstrengungen im Bereich internationaler Infrastrukturinvestitionen unternimmt. Im Ergebnis wird mutmaßlich China die Rolle des dominanten globalen Hauptinvestors, Innovators und Exporteurs einnehmen.
China’s public international investment: A strategic-trade-policy perspective - ScienceDirect
Dezember 2024