Die Einnahmen, die einem Öl- oder Gasexporteur durch ein Embargo entgehen, sind ein konzeptionell unzulänglicher Indikator für den Schaden, der dem mit dem Embargo belegten Land entsteht.
Grund dafür ist, dass die Förderung und der Verkauf von Öl oder Gas nicht in erster Linie wertschöpfend sind, sondern vor allem ein Tausch von Vermögenswerten, bei dem das exportierende Land den Wert der Rohstoffe in finanzielle Vermögenswerte umwandelt. Unter idealen Bedingungen (perfekte Finanzmärkte, keine Transaktionskosten, sichere Eigentumsrechte) ist der Schaden für das sanktionierte Land gleich Null.
Wird das sanktionierte Land von einem Autokraten regiert, der Einnahmen aus Öl und Gas veruntreut, ändert sich das Ergebnis. Da seine politische Zukunft unsicher ist, hat dieser einen Anreiz, die Rohstoffe möglichst schnell zu verkaufen und die Einnahmen einzustecken. Kai A. Konrad und Marcel Thum untersuchen den Fall, dass der Autokrat seine Einnahmen in langfristige finanzielle Mittel investiert, etwa auf einem Schweizer Bankkonto ablegt. Ob ein Embargo dem Autokraten dann schadet oder nicht, hängt von der Wahrscheinlichkeit ab, dass dieser seine politische Macht auch nach dem Embargo behält sowie von der Wahrscheinlichkeit, dass er auch nach seinem Abgang auf angelegtes Vermögen zugreifen kann. Der Schaden für den Autokraten ist größer, wenn die Aussicht auf in internationalen „Finanzoasen“ geparktes Vermögen größer ist als die Aussicht auf künftige Einnahmen aus abgebauten Ressourcen.
Veröffentlichung: Working Paper of the Max Planck Institute for Tax Law and Public Finance No. 2022-05.
FISCAL & SOCIAL STATE